Der Headcoach verlässt die Burgdorfer Ritter
18.01.2022 Aktuell, Eishockey, Sport, Foto, Vereine, BurgdorfGrosse Erfahrung
Mit Keller kam vor drei Jahren, zur Saison 2019 / 2020, ein renommierter ehemaliger Eishockeyprofi als Coach zum EHC Burgdorf. In über 500 Partien in den obersten beiden Spielklassen (davon die Mehrheit in der ehemaligen NLA, die heutige NL) lief der gebürtige Rheintaler für Grossklubs und Traditionsvereine wie den SC Bern, HC Davos, HC Lugano oder die SCL Tigers auf. Dementsprechend gross ist die Erfahrung Kellers, welche er von da an mittels Coaching den Spielern des EHC Burgdorfs weitergab. Die Vereinsleitung rund um Sportchef Martin Muralt bedauert den bevorstehenden Abgang auf Ende Saison, war man doch auf Vereinsseite mit der Arbeit des 50-Jährigen sehr zufrieden. «Wir hätten ihn sehr gerne behalten», hält Muralt fest. Die grosse Karriere als Spieler war dabei jedoch ein positiver Nebeneffekt. «Seine kommunikative Art – zu sagen, was man denkt – das passte perfekt zur Philosophie des EHC Burgdorf. Wir als Verein wie auch unsere zahlreichen jungen Spieler konnten von seiner Art und seinem Schaffen extrem profitieren», so der Sportchef des EHC Burgdorf. Der EHC Burgdorf, so Muralt, sei ein Ausbildungsverein, die Einbindung und Entwicklung von jungen Spielern sei einer der wichtigsten Bestandteile der Vereinsphilosophie. Keller setzte diese Philosophie gekonnt in die Praxis um. Doch weshalb dann keine weitere Zusammenarbeit? «Der Entscheid kam von Andy. Wahrscheinlich war es eine Sammlung von Gründen, die den Ausschlag dafür gaben. Wobei die letzten beiden Saisons, welche pandemiebedingt doch im ganzen Breitensport sehr speziell waren, sicherlich auch ihren Einfluss hatten», so Muralt.
Viele Fragezeichen
Dennoch habe der Verein und allen voran die Spieler den Entscheid Kellers sehr gefasst aufgenommen. Verein und Coach trennen sich im Guten. Diese Gefasstheit sei sicher auch der aktuellen Lage geschuldet. Die Meisterschaft in der Regio League ist momentan unterbrochen, noch ist unklar, wie und ob der Spielbetrieb fortgesetzt werden kann. «Würde die Meisterschaft normal und wie vor der Pandemie verlaufen, wäre die Reaktion des Teams auch sicherlich weniger gefasst. Denn das Team und der Trainer pflegten ein enges Verhältnis», ist sich Muralt sicher. So bleibt unklar, wie es sportlich in dieser Saison weitergeht. Genau so unklar, wer die Nachfolge Kellers antreten wird. Die Anforderungen an den neuen Headcoach sind dabei klar. Der Verein will auf der gleichen Schiene wie bisher weiterfahren. «Die Arbeit mit jungen Spielern und die Weiterentwicklung dieser steht im Fokus», so der Sportchef der Burgdorfer Ritter. Weiter sei für den familiären und in der Region verankerten Verein wichtig, dass sich der neue Coach mit dem EHC Burgdorf und der Region Emmental identifiziere. Da die Trennung von Keller frisch und die Fortsetzung der Meisterschaft noch unklar ist, gibt es allerdings noch keine konkreten Namen, welche als Nachfolger gehandelt werden.
Kurz- und langfristig
Vergangene Woche trafen sich die Erstligavereine des Schweizer Amateurhockeys zur Besprechung, was mit den von Bund und Kanton beschlossenen Massnahmen betreffend der Coronapandemie für die aktuelle Meisterschaft noch möglich ist. Wird die Meisterschaft fortgesetzt, steht für den momentan siebtplatzierten EHC Burgdorf am 29. Januar 2022 ein extrem wichtiges Spiel an. Im Direktduell mit Verfolger GDT Bellinzona könnte der Play-off-Einzug gesichert werden. In der Regio League ist, wie in den obersten Eishockey-Spielklassen, der Punkteschnitt der Teams für die Tabelle massgebend. Mit einem Sieg wäre der Einzug in die Postseason gesichert. Die Spieler des EHC Burgdorf trainieren mit Fokus auf diese Partie seit dem 3. Januar 2022 wieder dreimal pro Woche. Die Mehrheit der Spieler ist laut Muralt geimpft und geboostert. Generell hält man sich beim EHC Burgdorf an die Empfehlungen des Schweizerischen Eishockeyverbandes und des Bundes. Man versuche aufseiten des Vereins alles, was in den eigenen Händen liege, um den Spielbetrieb fortsetzen zu können und den Play-off-Einzug zu meistern. «Die Schwierigkeit in kurzfristiger und sportlicher Sicht liegt dabei, den Energielevel, der Ungewissheit zum Trotz, aufrechtzuerhalten. Das ist nicht immer einfach», so der 38-Jährige.
Langfristig und in sportlicher Hinsicht will der EHC Burgdorf oben in der Tabelle der Regio League mitspielen, so die Zielvorgabe des Sportchefs. Seit dem Jahr 1966 spielt der Traditionsverein in der obersten Amateurspielklasse. Vor ein paar Jahren erfolgte allerdings ein Moduswechsel, welcher für den Verein aus Burgdorf vieles veränderte. Die Einführung der MySports-League und der Regio League sorgte für eine andere Aufteilung der Teams. Der EHC Burgdorf spielt in der Ostgruppe der Regio League, was diverse Auswirkungen für den Verein hat. «Zum einen haben wir dadurch längere Reisewege und grössere zeitliche Aufwände. Zum anderen sind gewisse regionale Derbys deshalb weggefallen, was natürlich auch für die Zuschauer schade ist», meint Muralt. Dieser Aufwand, welcher sich auch auf die finanzielle Situation des Vereins auswirken kann, sei eine grosse Herausforderung für alle Erstligavereine des Schweizer Eishockeys. Zudem gilt es, in langfristigem Blickwinkel, weiter genügend Spieler im Kader zu haben. Dabei brauche es, trotz der Philosophie auf junge Spieler zu setzen, auch erfahrenene Cracks, welche den Nachwuchs an das Aktivhockey heranführen. Kurzfristig benötigt der Klub einen neuen Cheftrainer. Allerdings bleibt für die Suche noch Zeit. Vorerst bleibt zu hoffen, dass die Meisterschaft fortgesetzt werden, das Team die Play-offs erreichen und so Andy Keller gebührend und erfolgreich verabschiedet werden kann.
Joel Sollberger