Wird Elektrizität bald unerschwinglich?
12.09.2023 Aktuell, Grafenried, Politik, Fraubrunnen, Foto«Die Mitte» Fraubrunnen lud die Bevölkerung zu einem öffentlichen Energiepodium ein. Dass dieses Thema beschäftigt, bewies das Interesse des Publikums, welches diesen Anlass besuchte. Nach der Begrüssung durch den «Die Mitte»-Sektionspräsident Urs Bürgi wurde das Wissen der Gäste mit drei Kurzreferaten aufgefrischt und ergänzt.
Versorgungssicherheit und Netznutzung
Alt Ständerat Werner Luginbühl, Präsident ELCom, referierte über die aktuelle und zukünftige Versorgungssicherheit. Die Schweiz bezog in den letzten zehn Jahren stets ungefähr die gleiche Menge Strom aus dem Ausland. Die befürchtete Strommangellage des vergangenen Winters beruhte auf dem Ukrainekrieg, der einen Gaslieferstopp aus Russland nach sich zog und der Revision verschiedener Atomkraftwerke (AKW) in Frankreich. Die Auswirkungen auf die Energiepreise waren schmerzhaft. Im Auftrag des Bundesrates formulierte eine Arbeitsgruppe diverse Vorschläge, die nach und nach umgesetzt werden. Luginbühl schaut optimistisch in den nächsten Winter. Die Situation sei weniger prekär, da die Gas- und Hydrospeicher gefüllt seien, Reservekraftwerke bereitstünden und die Lebensdauer von AKWs von 50 auf 60 Jahre erhöht worden sind.
Adrian Häsler, Leiter Grid Infrastructure, beschrieb die Swissgrid AG als Bindeglied zwischen Produktion und Verbrauch. Sie sorge für die Stabilität in einem Übertragungsnetz von 6700 km Länge. 41 Leitungen verbänden die Schweiz mit dem Ausland, auf dessen Stromlieferungen wir angewiesen seien. Swissgrid sei bestrebt, ein europäisches Stromabkommen zu realisieren. Trotz ständigem Bereitschaftsdienst betrage der Kostenanteil von Swissgrid nur 7 Prozent des gesamten Strompreises 2024. Häsler bezeichnete langwierige Bewilligungsverfahren und die tiefe inländische Produktion (vor allem im Winter) als echte Herausforderungen. Neue Kraftwerke, wie der Bau eines Pumpspeicherkraftwerkes oder eines Solarparks in den Alpen müssten geplant und vorbereitet werden, denn sie hätten grossen Einfluss auf das Übertragungsnetz. Häsler erklärte, es brauche eine gemeinsame, klare Vision für die Zukunft, entsprechende Grundlagen, Finanzierungsmöglichkeiten und Anreize.
Situation in der Region
Michel Gasche, Geschäftsführer Elektra, erläuterte die Situation in der Region. Die Preisunterschiede der lokalen Anbieter seien für die Bevölkerung schwer nachvollziehbar. Sie basierten auf der unterschiedlichen Energiebeschaffung. Eine zentrale Rolle spiele die Eigenproduktion. Wer mehr Strom selbst produziere, müsse weniger einkaufen. Stromanbieter, die schon Jahre im Voraus im Grosshandelsmarkt einen guten Preis ausgehandelt hätten, seien finanziell besser situiert. Zudem habe auch der europäische Strommarkt Einfluss auf die Preisentwicklung. Ferner seien die Netznutzungstarife gestiegen und eine Abgabe für die Stromreserve eingeführt worden.
Weitere Preisunterschiede ergäben sich aktuell für Gewerbebetriebe, die sich von der Grundversorgung gelöst und die Energie im Freien Markt bezogen hätten. Während Jahren sei dies ein Vorteil gewesen, doch jetzt sei der Preisanstieg eklatant und viele KMU’s stiessen an ihre finanziellen Grenzen. Ein Zurück in die Grundversorgung sei nicht möglich.
Nationalrat Lorenz Hess moderierte das Podium
Lorenz Hess, Ständeratskandidat für «Die Mitte», fühlte den Referenten als Moderator geschickt auf den Zahn. So würde Werner Luginbühl sich eher für ein neues AKW einsetzen als Kohlekraftwerke weiter zu nutzen. Michel Gasche setzt nicht auf Notkraftwerke, sondern möchte andere Technologien ausschöpfen und Adrian Häsler praktiziert transparente Kommunikation, um langwierige Bewilligungsverfahren zu verhindern.
Aus dem Publikum wurden kritische Fragen gestellt. Die Referenten beantworteten diese kompetent, doch leider war nicht genug Zeit, um allen Fragen auf den Grund zu gehen. Darum suchten nach dem Podium Gäste und Referenten das Gespräch, um bilateral persönliche Fragen zu klären. «Die günstigste Energie ist diejenige, die man nicht braucht», so ein anregendes Schlusswort einer Anwesenden.
Helen Käser