Digitale Verwaltung im Emmental

  19.03.2024 Aktuell, Politik, Bildung, Foto, Burgdorf

Vergangene Woche trafen sich Gemeindevertretende, Mitglieder des Grossen Rats, das Netzwerk Wirtschaft Emmental und die Kommissionen und die Geschäftsleitung der Regionalkonferenz Emmental (RKE) zum RegioDay. Jürg Rothenbühler, Präsident der RKE, begrüsste die Gäste im Gemeindesaal der Stadt Burgdorf. Als Mitglied der Geschäftsleitung der RKE stellte der Kirchberger Gemeinderatspräsident Andreas Wyss die Referenten vor und moderierte den Abend.

Kantonale Gesetzgebung
Thomas Fischer, stellvertretender Amtsleiter, Leiter Stab/Fachbereich Recht, arbeitet beim Amt für Informatik und Organisation des Kantons Bern (KAIO). Als «Vater» der Gesetzgebung über die digitale Verwaltung erklärte er die Grundlagen, Neuerungen und Aspekte mit Auswirkungen auf die Gemeinden.
Die Digitalisierung wird bereits seit dem Jahr 2018 gefördert. Der Regierungsrat des Kantons lebt mit den Richtlinien der Regierungspolitik die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung vor. Im März 2022 hat der Grosse Rat ohne Gegenstimme das Gesetz über die digitale Verwaltung (DVG) verabschiedet, am 1. März 2023 trat es in Kraft. Neu soll das digitale Handeln die Regel sein und verwaltungsinterne Geschäftsprozesse sollen rein digital abgewickelt werden. In den meisten Fällen ersetzt ein Bestätigungsvermerk oder eine digitale Signatur die Unterschrift von Hand. Die neuen Vorgaben gelten für alle Behörden im Kanton. Innerhalb gewisser Übergangsfristen müssen sämtliche Geschäftsprozesse, die digital abgewickelt werden können, auch digitalisiert werden, ebenso eingehende Dokumente.
Die Gemeinden sind gefordert, denn dieser Prozess verlangt eine detaillierte Planung und Budgetierung. Um die Umsetzung zu erleichtern, bietet der Kanton Basisdienste an. Diese unterstützen die Behörden bei der eigenen Digitalisierung.
Michael Kammerbauer ist Leiter der Geschäftsstelle Digitale Verwaltung des Kantons Bern. Er zeigte auf, dass digitale Transformation ein umfassender und strategischer Prozess ist. Dieser verlangt eine grundlegende Veränderung der Verwaltungsstruktur, der gesamten Organisation und der Kultur einer Institution. Um die Digitalisierung vorwärtszutreiben, müssten sich die Gemeinden um digitales Know-how, digitale Services und den Datenschutz kümmern. Das digitale Bewusstsein der Gesellschaft und der Fachkräftemangel wirken eher hemmend auf die Umsetzung digitaler Prozesse.

Erfahrungen eines Gemeindepräsidenten und eines Gemeindeverwalters
Adrian Zemp, IT-Unternehmer, Mitglied der Geschäftsleitung der RKE und  Gemeindepräsident von Kernenried, riet den Gemeindevertretenden, mit Bedacht an die Planung zu gehen. Alle Akteurinnen und Akteure müssten Schritt halten können. Um die Kräfte zu bündeln, würde er die Schaffung einer Kompetenzstelle Emmental begrüssen. Der Austausch untereinander und das Suchen nach gemeinsamen Lösungen würden die Umsetzung unterstützen. Aktuell gelte es, die Voraussetzungen für die digitale Transformation zu schaffen und entsprechende Vorkehrungen zu treffen.
Mit einem weiteren Erfahrungsbericht trat Martin Zurflüh, Gemeindeverwalter von Oberburg, vor die Anwesenden. Oberburg machte bei den Pilotprojekten des Kantons mit und nimmt somit eine Vorreiterfunktion ein. Wichtig sei, dass die Digitalisierungsstrategie Schritt für Schritt ge­plant und mit allen Akteuren umgesetzt werde. In Zurflühs Gemeinde nahm die Digitalisierung während der Coronapandemie Fahrt auf. Die Einführung von Homeoffice verlangte eine elektronische Geschäftsverwaltung. Die Unterlagen mussten jederzeit und überall zur Verfügung stehen. Dies zog die Aufrüstung mit Hard- und Software fürs Personal nach sich. Weitere Schritte unternahm die Gemeinde mit der digitalen Belegarchivierung und Onlinezahlungen, digitalen Gemeinderatssitzungen und weiteren Angeboten, die eine digitale Kommunikation erleichtern. Weiter kommuniziert Oberburg über Social-Media-Kanäle, was anspruchsvoll in der Bewirtschaftung sei, jedoch viele Fragen kläre. Ein Monitor im Eingangsbereich der Verwaltung informiert zeitnah. Trotz Digitalisierung dürfe die «nicht digitale Bevölkerung» nicht vergessen werden.
Martin Zurflüh motivierte die Anwesenden, den digitalen Prozess als positive Herausforderung anzunehmen. Jede Gemeinde solle den eigenen Weg in eigenem Tempo gehen. Die Auflistung klarer Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten sei hilfreich. Um die Auswahl des Anbieters zu erleichtern, wäre ein Vergleichsdienst Emmental eine wertvolle Unterstützung.
 
Fragen und Antworten
Die Referenten beantworteten an­schlies­send Fragen aus dem Publikum. Zum Einhalten der Datenschutzbestimmungen seien gute Schulungen, der Einsatz geeigneter Software und die Zusammenarbeit zwischen Datenschützenden und Digitalisierungsfachleuten wichtig. Zur Frage, wie die hohen finanziellen Aufwendungen kompensiert werden könnten, erfolgte der Einwand, dass die Kurzlebigkeit von Hard- und Software immer hohe Kosten generieren würde. Teilweise seien jedoch personelle Einsparungen möglich.
Beim anschliessenden Apéro wurden im gemeinsamen Gespräch weitere Fragen geklärt und Erfahrungen ausgetauscht.

Helen Käser
 


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