Rückblick auf eine beeindruckende Laufbahn als Notar

  18.12.2024 Kirchberg

Was machen Notarinnen und Notare eigentlich? Kaum jemand könnte diese Frage besser beantworten als Martin Bürgi. Während 43 Jahren war der Kirchberger als Notar und Fürsprecher tätig und hat während dieser Zeit viel gesehen und erlebt. Er kennt den Beruf des Notars und Fürsprechers also bestens. So lautet seine Antwort auf die eingangs erwähnte Frage: «Etwa 95 Prozent aller Rechtsgeschäfte, etwa ein Kauf im Supermarkt, werden mündlich abgeschlossen. Doch in gewissen Fällen verlangt das Gesetz eine stärkere Form als die einfache Mündlichkeit. Hier kommen die Notarinnen und Notare ins Spiel. Wir stellen sicher, dass sich bei rechtlichen Angelegenheiten wie einem Testament oder einem Grundstückkauf keine Fehler einschleichen.» Notare befassen sich folglich mit allen Belangen des Zivilrechts. Seit rund zwei Monaten beschäftigt sich Martin Bürgi jedoch nicht mehr mit Grundstückkäufen, Erbschaften, Unternehmensgründungen, Eheverträgen, Scheidungen oder Ähnlichem. Im Oktober 2024 hat er den von ihm geführten Standort des Advokatur- und Notariatsbüros Bürgi & Partner in Kirchberg geschlossen. Damit endete auch seine Laufbahn als Notar.

Ein Beruf mit Familientradition
Martin Bürgi stammt aus einer Familie, in der die Arbeit als Jurist über eine gewisse Tradition verfügt. Mitglieder aus fünf Generationen der Familie Bürgi waren als Notare und Fürsprecher tätig. «So auch mein Vater und mein Grossvater», erzählt Martin Bürgi. Er selbst folgte schliesslich ebenfalls der Familientradition und entschloss sich in den 1970er-Jahren, Rechtswissenschaften zu studieren. Im Jahr 1978 erhielt er schliesslich das Anwaltspatent, zwei Jahre später begann er mit der Arbeit als Notar im Büro seines Vaters, welches er später übernahm. Dass dies so kommen würde, war jedoch trotz ausgeprägter Familientradition für den Beruf alles andere als gewiss. «Während meinem Jura-Studium dachte ich, ich würde als Jurist in der Industriebranche arbeiten. Doch es kam schliesslich anders», blickt Martin Bürgi mit einem Lächeln zurück. Es sind die fesselnden Rechtsfragen, welche für ihn seine Tätigkeit ausmachten. «Ich fand die Herausforderung stets spannend und interessant, eine gewisse Rechtsfrage so lösen zu können, dass das Resultat für alle Parteien stimmte», erklärt er. Gerade die vielen wirtschaftlichen Geschäfte, welche Martin Bürgi abschliessen konnte, seien enorm vielseitig gewesen.
Im Rückblick auf seine Laufbahn macht der Rechtsexperte aber auch verschiedene Veränderungen im Laufe der Zeit aus. «So wurde beispielsweise alleine das Aktienrecht während meiner Zeit als Notar gefühlt fünfmal stark revidiert. Noch spannender wurde die Tätigkeit, wenn das Bundesgericht zum ersten Mal über einen Sachverhalt entschied und so einen Präzedenzfall schuf», so Martin Bürgi weiter. Das konnte teils ärgerlich sein, gehörte jedoch zum Job dazu. Im Vergleich mit seiner Anfangszeit sei die Tätigkeit als Notar nicht schwieriger geworden.
Die «Flut der Gesetze», wie Martin Bürgi sie nennt, habe aber dafür gesorgt, dass es betreffend neusten geltenden Gesetzen aufwendiger wurde, stets auf dem aktuellsten Stand zu sein. «Und dies ist schliesslich die Grundvoraussetzung eines jeden Juristen und einer jeden Juristin. Es gilt, die gesetzlichen Bestimmungen nicht nur zu kennen, sondern diese Kenntnisse laufend zu erhalten.» Als Notar sei es weiter von zentraler Bedeutung, vom Klientel die nötigen Informationen für einen Geschäftsabschluss einzuholen. «Schliesslich ist der Klient in der Regel ein juristischer Laie. Daher liegt es am Notar, sicherzustellen, dass in einem
Vertrag alles festgesetzt ist, was festgesetzt sein muss, und dieser schliesslich gültig ist», erläutert Martin Bürgi.

Das Handwerk des Notars ändert sich nicht
Nebst vielen anderen Anforderungen bezeichnet Martin Bürgi auch die Geduld als eine wichtige Eigenschaft in seiner langjährigen Tätigkeit als Notar. «Klienten erwarten in Rechtsfragen möglichst schnell eine einfache Lösung. Dabei gilt zu beachten, dass die Gesetzgebung das Tempo einer Umsetzung oftmals nicht beschleunigt.» Deutlich wird dies bei folgender Anekdote: Anders als heute wurde das Grundbuch früher nicht digital geführt. Bei einem Grundstückkauf musste deshalb der Grundbucheintrag beim Grundbuchamt abgeschrieben und dem Vertrag hinzugefügt werden. «Nebst dem hohen Zeitaufwand beinhaltete das Abschreiben jeweils auch eine mögliche Fehlerquelle und somit die Gefahr, dass ein Rechtsgeschäft aufgrund eines Fehlers für ungültig erklärt werden könnte», blickt Martin Bürgi zurück. Als innovativer Notar versuchte er, Zeitaufwand und mögliche Fehlerquellen zu reduzieren, indem er die Grundbucheinträge, die das zu kaufende oder zu verkaufende Grundstück genau beschrieben, als Beilage an die Verträge anfügte. «Dieses Vorgehen teilte ich dem Grundbuchamt mit, erhielt aber keine Antwort, weshalb ich die Rechtsgeschäfte weiterhin so abschloss.» Im Kanton Bern verlangt das Gesetz, dass beispielsweise bei Grundstückkäufen den Parteien der Vertrag mit all seinen Inhalten und Details beim Geschäftsabschluss vorgelesen wird. Dies wird ebenfalls protokolliert und ist Teil des gesamten Vertrags. «Einmal vergass ich, in einem solchen Protokoll zu erwähnen, dass ich die Beilage mit dem Grundbucheintrag vorgelesen hatte. Darauf fand das Grundbuchamt, dass mein Vorgehen gesetzeswidrig sei. Infolgedessen erhielt ich eine Verwarnung vom Regierungsrat. Dabei wollte ich den Prozess lediglich vereinfachen und beschleunigen. Das Hauptproblem war dabei wohl eher, dass ich die Grundbuchauszüge den Verträgen lediglich als Anhang und nicht als festen Bestandteil hinzufügte.» Heute könne er über den Vorfall lachen. Mit Blick auf die Digitalisierung gehöre diese Anekdote sowieso der Vergangenheit an. «Zu meiner Anfangszeit schrieb ich die Verträge auf meiner Schreibmaschine. Mein Vater hingegen verfasste solche Dokumente noch von Hand. Wurde da ein Fehler gemacht, musste der ganze Vertrag von Neuem geschrieben werden.» Die Anekdote zeigt laut Martin Bürgi, dass sich zwar die Umstände, nicht aber die Tätigkeiten als Notar, verändert haben.

Keine Langeweile, weder im Beruf noch privat
Dass mit der Beendigung seiner Tätigkeit ein grosses Kapitel seines Lebens geschlossen wurde, erfülle ihn nicht mit Wehmut. «Mir geht es blendend», versichert Martin Bürgi. Als selbstständiger Notar habe er stets einen guten Draht zur Gemeinde, zur Umgebung und zu seinem Umfeld gehabt und versucht, sich einzubringen. Nun falle zwar seine Tätigkeit als Notar weg, doch sei er ja weiterhin in Kirchberg wohnhaft.
Mit Blick auf die Zukunft freue er sich auf mehr Zeit, die er nun ausserhalb seines Notariats- und Advokaturbüros verbringen könne. «Zwar verfüge ich noch über einige Verwaltungsratsmandate, jedoch bleibt nun mehr Zeit für meine Familie, meine Enkelkinder, das Fotografieren und den Sport. Wie schon während meiner Berufstätigkeit wird es mir auch im Ruhestand nicht langweilig», hält Martin Bürgi lachend fest.
«Dass meine Dienste von den Klientinnen und Klienten geschätzt wurden, freut mich und ist sehr wohltuend», blickt Martin Bürgi abschliessend auf seine Tätigkeit zurück. Die positiven Rückmeldungen, die er nach der Schliessung des Standorts Kirchberg von ehemaligen Klientinnen und Klienten erhalten habe, bezeichnet Martin Bürgi als «eine tolle Bestätigung». Eine tolle Bestätigung für eine beeindruckende Laufbahn als Notar.


Joel Sollberger

 


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