Dem Tod einen Platz im Leben geben
10.12.2024 BätterkindenEs war die Sorge über die gesellschaftliche Entwicklung im Umgang mit dem Tod, der Trauer und dem Sterben, welche vor zwölf Jahren den Ausschlag dazu gab, dass sich Ursula Stäheli mit dem Atelier «leben • begleiten • bestatten» selbstständig machte. «Tod und Trauer sind relevant und können nicht einfach ausgesperrt werden. Sie können jedoch gestaltet werden», erzählt die ehemalige Pfarrerin und Seelsorgerin. Mit ihrem Bestattungs- und Beratungsdienst wollte Ursula Stäheli mithelfen, dem Tod das Tabu zu nehmen und ihm im gesellschaftlichen Umgang einen anderen, mit dem Leben verbundenen Platz zu geben. 670 Bestattungen später zeigt sich die ordinierte Theologin überzeugt, den richtigen Weg gewählt zu haben. «All die Erlebnisse und Rückmeldungen bestätigten mein Vorgehen. Tod und Trauer verlieren an Schrecken, wenn wir uns ganz auf ihre Grösse und Kraft einlassen.» Als Bestatterin habe sie die Menschen in Trauermomenten in ihrer Ganzheit begleitet. «Der Tod ist eine intensive Seite des Lebens, ist mit ihm verbunden wie der Schatten mit dem Licht. Die Trauer ist der Preis der Liebe. Keins gibt es ohne das andere», erläutert Ursula Stäheli. Gerne vergleiche sie ihre Tätigkeit als Bestatterin mit der Tätigkeit einer Brückenbauerin. Als solche schlage sie für die Trauerfamilien in einer chaotischen und schweren Zeit eine Brücke auf wieder sicheren Boden in einer veränderten Lebenswirklichkeit. Dabei sei wichtig, dass Trauer zugelassen und angenommen werde. «Schliesslich gehört Trauer zur natürlichen Gefühlspalette der Menschen», hält sie fest und ergänzt: «Auch in Momenten grösster Trauer gibt es Schönes und Heilsames, wenn man sich berühren lässt, wahrnimmt, sich einlässt und miteinander etwas gestaltet.» Die Trauer ist laut Ursula Stäheli eine natürliche Reaktion des menschlichen Seins, die einem helfe, mit einer schweren Situation umzugehen.
Verbinden, aber nicht vermischen
Bei ihrer Arbeit hat Ursula Stäheli versucht, in die Art und Sprache der Trauernden einzutauchen. «Ich habe mich auf die Trauernden, ihre Bedürfnisse und individuellen Ansichten eingelassen – und sie mit meiner Erfahrung und Kenntnis unterstützt. Die ruhige Kenntnis und das natürliche ‹mit ihnen Sein› hat entlastet und geholfen, dass auch die Trauernden sich einlassen konnten auf die Berührung und die Würde des Todes.» Denn nicht jeder Mensch benötige beim Verlust eines nahen Menschen das Gleiche. Dieser Individualität der Menschen im Umgang mit Tod und Verlust gerecht werden zu können, sei sei ihr Herausforderung und leidenschaftliches Bemühen gewesen und habe letztlich ihre Tätigkeit ausgemacht. Tod und Trauer seien sehr intime und persönliche Gefühle. «Oftmals wurde ich gefragt, wie ich mich denn davon abgrenzen könne. Doch ich wollte mich nicht abgrenzen. Ich habe mich mit den Menschen verbunden. Verbinden ist nicht das Gleiche wie vermischen», erzählt Ursula Stäheli. Durch diese Verbindung sei auch immer etwas Schönes zurückgeflossen. Daher sei sie in den zwölf Jahren, während denen sie ihr Atelier geführt hat, zwar teils müde, niemals aber erschöpft oder ausgelaugt gewesen, hält die Bestatterin fest.
Es ist Zeit
Zwölf Jahre nach der Gründung des Beratungs- und Bestattungsateliers hat Ursula Stäheli bemerkt, dass es nun Zeit ist, weiterzugehen. «Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden», ein bekanntes Gedicht, war immer schon eine tiefe Überzeugung der 66-Jährigen. Was die Zukunft für sie bereithalte, sei ungewiss. «Ich freue mich darauf, mehr Zeit mit meinem Mann zu verbringen, lasse jedoch das Leben auf mich zukommen», blickt Ursula Stäheli voraus. Mit Blick auf ihr Bestattungsatelier habe sie jedoch stets den Wunsch gehabt, dass dieses fortgeführt werde. Mit Liselotte Werthmüller sei eines Abends eine Nachfolgerin neben ihr gestanden. «Ich kann den Bestattungsdienst mit Liselotte Werthmüller einer Person übergeben, die auch eine Vision hat für eine andere Bestattungskultur», so Ursula Stäheli glücklich. Liselotte Werthmüller wird das Atelier «leben • begleiten • bestatten» ab dem 1. Januar 2025 als Bestattungsdienst mit Herzblut und Engagement führen .
Finissage am kommenden Samstag
Mit Blick auf die baldige Geschäftsübergabe veranstaltet Ursula Stäheli am kommenden Samstag, 14. Dezember 2024, in Bätterkinden eine Finissage. Zwischen 14.00 und 18.00 Uhr bietet die Finissage die Möglichkeit, Abschied zu nehmen, innezuhalten und schliesslich weiterzugehen. Dabei gehe es nicht nur um sie als Person, sondern um die Trauer und Trauerarbeit allgemein. Für diese wolle sie an der Finissage ein Plädoyer halten: «Ich möchte die Trauerarbeit und trauernde Menschen, für die unsere Gesellschaft kaum einen Platz hat, würdigen und die Besucherinnen und Besucher dahingehend ermutigen, dem Tod und der Trauer einen Platz im Leben einzuräumen.»
Joel Sollberger
Finissage am Samstag, 14. Dezember 2024, Solothurnstrasse 14 und Kirchgemeindehaus in Bätterkinden.
14.00 bis 16.00 Uhr: Abschied nehmen. Offenes Atelier zum Begegnen, Plaudern, Verabschieden. Solothurnstrasse 14.
16.00 bis 17.00 Uhr: Innehalten. Musik, Texte, Stille und ein Plädoyer. Kirchgemeindehaus, Solothurnstrasse 5.
17.15 Uhr: Weitergehen. Ein Tanz – still, stimmig – voll Hoffnung und Licht. Kirchgemeindehaus, Solothurnstrasse 5.