Entscheide für sieben Generationen fällen

  30.04.2024 Affoltern i.E., Foto, Region, Aktuell

Vor der 164. Hauptversammlung des Handels- und Industrievereins des Kantons Bern, Sektion Emmental, trafen sich die Mitglieder am vergangenen Donnerstag zur Betriebsbesichtigung bei der PB Swiss Tools AG in Sumiswald, um anschliessend in die Schaukäserei nach Affoltern i. E. zu wechseln.
Sektions-Präsident Markus Vögeli erläuterte in seinem Jahresbericht die Aktivitäten 2023, unter anderem den Besuch bei der ESA Burgdorf, den Arbeitgeber-Lunch mit dem Besuch von Bernhard Pulver (Verwaltungsratspräsident der Berner Insel-Gruppe) und den Herbstanlass im TecLab Burgdorf zum Thema «Fachkräftemangel». Vögeli erinnerte daran, dass das HIV-Vorstandsmitglied Simon Michel, Verwaltunsratsmitglied und CEO der Ypsomed Holding AG, im Oktober 2023 in den Nationalrat gewählt worden ist, was die Anwesenden mit Applaus quittierten. Der Jahresbericht sowie das letztjährige Protokoll wurden einstimmig genehmigt.

Kostendeckende Beiträge
Christoph Bürgi, Ressort Finanzen, präsentierte erfreuliche Zahlen: Bei einem Jahresertrag von 183 088 Franken (Budget 168 300 Franken) resultiert ein Gewinn von 21 252 Franken. Die Bilanz weist ein Eigenkapital von 164 000 Franken aus. Die Jahresrechnung 2023, der Revisorenbericht, das Budget 2024 sowie die Entlastung des Vorstandes wurden einstimmig genehmigt.
Bürgi wies auf die kantonale Erhöhung der Mitgliederbeiträge basierend auf der Anzahl der Firmenmitarbeitenden hin, die ein beträchtliches Manko in der Vereinskasse bedeuten: «Wir müssen notgedrungen die Mitgliederbeiträge der Sektion anpassen.» Weiter schlug er vor, die Kosten pro Person für die Hauptversammlung und den Arbeitgeber-Lunch direkt in die Mitgliederbeiträge zu integrieren: «Da die Kosten bereits gedeckt sind, werden voraussichtlich noch mehr Mitglieder diese Anlässe besuchen.» Der Antrag wurde einstimmig genehmigt.
Jan Cermak, ehemals Geschäftsleitungsmitglied der Kambly SA und seit 1. November 2023 CEO der BLS Schiffahrt, wurde unter Verdankung seiner geleisteten Arbeit aus dem Vorstand verabschiedet. Neu gewählt wurden mit Applaus Nils Kambly, CEO der Kambly SA, sowie Regula Feldmann, CEO des Spitals Emmental. Gemäss Statuten werden der Vorstand sowie der Präsident jährlich gewählt, was mit anhaltendem Applaus geschah.

Zurück zu den Wurzeln
Markus Vögeli stellte kurz die wichtigsten Stationen im Leben von Gastreferent Christian Häuselmann vor, der seine Überlegungen zum Thema «Langfris­tig denken» mitreissend formulierte und klar strukturiert und entsprechend nachvollziehbar vortrug. «Mich als Ökonom und Serial Entrepreneur mit Wohnsitz in Bern und Del Mar, Kalifornien, interessiert, wie grosse Ideen in die Realität übertragen und nachhaltig verankert werden können. Vorbild ist die Natur.» Diese lehre langfristiges Denken in komplexen Systemen, Kreisläufen und Zyklen. Er erinnerte an die Gründung des Flyer-Elektrobikes 1993, «das uns dank der Kombination von Muskeln und Motor den Aufbau eines völlig neuen Marktes ermöglicht hat».
Christian Häuselmann verwies auf seinen Urgrossvater, der Müller in der Mühle Waltrigen bei Häusernmoos gewesen ist. Deshalb zieht es Häuselmann immer wieder dorthin zurück. «Schon damals wurde der Kreislaufwirtschaft grosse Bedeutung beigemessen, nichts wurde verschwendet oder achtlos entsorgt.» Nach wie vor gelte es, die Werkstoffketten zu überprüfen und Brauchbares zurückzuführen. Die Finanzkrise 2016 habe deutlich die Notwendigkeit aufgezeigt, diesbezüglich neue Wege zu beschreiten.

Visionen im Buch «Schweiz 2291»
Bei einem Besuch auf Hawaii habe Christian Häuselmann erfahren, dass sich die Vorfahren der dortigen Insulaner bei sämtlichen wichtigen Entscheiden die Frage gestellt haben, ob ihr Tun auch bei der nachfolgenden siebten Generation immer noch auf ungeteilte Zustimmung stossen würde. Dank seiner reichhaltigen Erfahrungen und Überlegungen, den geführten Diskussionen auf breiter Ebene und Anregungen durch Dritte engagiert sich Chris­tian Häuselmann mit dem Buch «Schweiz 2291» für eine erfrischende, generationenverbindende Zukunftsdiskussion in der Schweiz. Der Autor regte an, sich gedanklich mit den tausend Jahren Differenz zwischen der Gründung der Schweiz im Jahr 1291 und den im Buch vorliegenden Ausführungen von 70 namhaften Personen aus ganz unterschiedlichen Bereichen zu befassen, deren Hoffnungen, Wünsche und Vorschläge bis ins Jahr 2291 Gültigkeit behalten sollen.

Langfristiges Denken und Dialoge
Als höchst interessant bezeichnete Häuselmann «die Veränderungen beim Denken meiner Mitmenschen, wobei langfristiges Denken gerade in der heutigen Zeit – vielfach in gewinnorientierten Unternehmen – nicht selbstverständlich ist und begreifbar gemacht werden muss». Extrem wichtig sei hier der Dialog.
Der Gastreferent streifte kurz die für viel Gesprächsstoff sorgenden extrem hohen Löhne in gewissen Sparten: «So viel kann niemand arbeiten, um diese Löhne zu rechtfertigen.» Abschliessend stellte er den Radiosender «punkt4» vor, der als Ausgleich zu denn weltweit verbreiteten Fake News täglich kurze, seriös recherchierte Nachrichten bietet.
Bei der halbstündigen Fragerunde und während des Apéros wurde weiterdiskutiert, bevor der Abend mit dem gemeinsame Nachtessen in der Schaukäserei abgeschlossen wurde.

Gerti Binz


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