«Wider Treu und Glauben» und «wortbrüchig»

  03.09.2024 Burgdorf, Politik, Bildung, Region, Aktuell

Auch einige Tage nach Bekanntgabe des Entscheids des Regierungsrates, dass zwecks Sparmassnahmen auf den Bildungscampus Burgdorf verzichtet werden und die Technische Fachschule (TF Bern) auch künftig in Bern bleiben soll, anstatt in die Zähringerstadt zu ziehen, fallen die Reaktionen teils heftig aus. Nach dem Rot-Grün-Mitte (RGM) bestehend aus den Parteien SP, Grüne und EVP, sowie die Gemeinderatskandidierenden von FDP, SVP und die Mitte auf den Entscheid mit Enttäuschung reagiert hatten, äusserten sich vergangene Woche nun auch die Grünliberalen. In einer Medienmitteilung bezeichnet die GLP Burgdorf den Entscheid der Kantonsregierung als «wortbrüchig». Sowohl aus städtischer wie auch regionaler Sicht sei der klare Wortbruch des bernischen Regierungsrates betreffend dem Verzicht auf den Umzug der «Lädere» nach Burgdorf äusserst problematisch und dürfe so nicht akzeptiert werden. Die GLP Burgdorf verweist darauf, dass sie dem Projekt «Umzug Lädere» als einzige Partei stets kritisch gegenübergestanden sei, den Entscheid jedoch nach dem mit deutlicher Mehrheit gefallenen Beschluss des Grossen Rates im Jahr 2016 nicht mehr angreifen wolle. Gewiss werde der Entscheid in der Wintersession des Grossen Rates angegriffen. Die GLP Burgdorf schreibt in der Medienmitteilung, dass deshalb allfällige Diskussionen um Alternativen vorläufig fehl am Platz seien. «Sollte der Grosse Rat den regierungsrätlichen Verzichtsentscheid wieder kippen, wird die GLP Burgdorf auf ihrem bisherigen Kurs bleiben und die Umsetzung des Umzugs der TF Bern und des Campus, trotz klarer Bedenken, mittragen», heisst es weiter. Der Vorschlag der Grünliberalen an die Burgdorfer Parteien lautet daher, die Diskussionen rund um den Bildungs­campus Burgdorf bis zum Beschluss des Grossen Rates in circa drei Monaten zu unterbrechen.

«Wider Treu und Glauben» als Fazit der Regionalkonferenz Emmental
Auch die Regionalkonferenz Emmental (RKE), die die Interessen der 39 Emmentaler Gemeinden mit ihren Einwohnerinnen und Einwohnern vertritt, äussert in ihrer Medienmitteilung ihre grosse Enttäuschung hinsichtlich des Entscheids. Dieser stelle einen harten Rückschlag für die Bildungslandschaft Emmental dar. Die Streichungen des Bildungscampus und des Umzugs der TF Bern würden dem ausgehandelten Kompromiss innerhalb der Bildungslandschaft widersprechen. «Besonders enttäuschend ist die Tatsache, dass nun zwei andere Regionen bei den Bildungsinvestitionen zulasten des Emmentals bevorzugt werden», heisst es weiter. Dies führe zu einer Ungerechtigkeit bei der Behandlung der Regionen. Das Emmental habe sich als wichtige Wirtschaftsregion für Gewerbe und Handwerk etabliert und werde nun klar benachteiligt. Dass das Emmental nun als Standort der Berufsbildung und als Stütze für die handwerklichen Berufe ins Abseits zu geraten drohe, bezeichnet die RKE als «nicht akzeptabel». Entsprechend lautet der Appell der RKE an den Regierungsrat, «diesen Beschluss zu überdenken und den Bildungsstandort Emmental nicht weiter zu schwächen».

Gemeinderat Burgdorf akzeptiert Entscheid nicht
Der Burgdorfer Gemeinderat gab in einer Medienmitteilung bekannt, «sprachlos» über den Entscheid der Kantonsregierung zu sein und diesen nicht zu akzeptieren. «Nach jahrelangem Hin und Her hat der Grosse Rat im Jahr 2016 entschieden, dass an Stelle der wegziehenden Berner Fachhochschule (BFH) als Ausgleich die TF Bern das Gsteig-Areal belegen soll», heisst es weiter. Der Gemeinderat verweist darauf, dass sich der Grosse Rat sowohl für den Architekturwettbewerb wie für die Projektierung mit grosser Mehrheit hinter den Bildungscampus Burgdorf gestellt und die notwendigen Kredite bewilligt habe. «Nun gilt es, diese Versprechen und Entscheide einzuhalten.»
Das Vorgehen des Regierungsrates widerspreche einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit, welche es zwischen Stadt und Kanton zu pflegen gelte. Die Stadt Burgdorf und die Region müssten laut dem Gemeinderat zudem nun die massiven Kostenüberschreitungen des Campus Biel und Campus Bern ausbaden. Dies bezeichnet er als «nicht hinnehmbar und nicht nachvollziehbar».
Der Gemeinderat sei überzeugt, dass Burgdorf und die Region die notwendige Unterstützung erhalten werden, dass der austarierte Deal «BFH in Biel und Bern, TF in Burgdorf» vom Grossen Rat abermals unterstützt und anschliessend rasch umgesetzt werde.

Joel Sollberger


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